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Wasserstoff: Power-to-Gas-Anlage am Hochrhein kann starten

Bis Ende 2018 soll das Leuchturmprojekt in Südbaden Wasserstoff aus regenerativem Strom produzieren, der für den Betrieb von 1.000 Brennstoffzellenfahrzeugen genügen würde.

Der in der Pilotanlage hergestellte Wasserstoff soll für den Antrieb von Brennstoffzellenfahrzeugen zur Verfügung stehen. | Foto: PtG-BW
Der in der Pilotanlage hergestellte Wasserstoff soll für den Antrieb von Brennstoffzellenfahrzeugen zur Verfügung stehen. | Foto: PtG-BW
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Johannes Reichel

Ein Leuchtturmprojekt will jetzt die regenerative Herstellung von Wasserstoff in die industrielle Praxis umsetzen. Im südbadischen Grenzach-Wyhlen entsteht derzeit eine Power-to-Gas-Anlage, die den Energieträger im Megawattmaßstab produzieren soll. Der Ökostrom für den Wasserstoff stammt aus einem benachbarten Wasserkraftwerk am Rhein. Mitte März 2018 hat das Regierungspräsidium Freiburg die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt. Im Herbst 2018 soll die vom Energieversorger Energiedienst AG betriebene Anlage in den kommerziellen Betrieb gehen. "Wird Wasserstoff in großem Maßstab erneuerbar erzeugt, hat er das Potenzial, die Mobilität klimafreundlicher zu machen. Busse, Züge und Autos mit Brennstoffzellen können mit dem Gas kohlendioxidfrei unterwegs sein und das auch auf Langstrecken", werben die Betreiber. Zudem entstünden keine gesundheitsschädlichen Stickstoffoxide (NOx) oder Feinstaub.

Kommerziell betrieben werden bislang nur wenige Power-to-Gas-Anlagen zur Erzeugung des chemischen Energieträgers. Ziel der Forscher ist es, die Technologie fit für den Mobilitätsmarkt zu machen. Die geplante Power-to-Gas-Anlage der Energiedienst AG hat eine elektrische Anschlussleistung von einem Megawatt und kann täglich rund 500 Kilogramm Wasserstoff erzeugen. Damit können mehr als 1.000 Brennstoffzellen-Pkw klimaneutral mobil sein. Neben der 1-Megawatt-Anlage betreiben die Partner auch eine weiterentwickelte Elektrolyse-Forschungsanlage des ZSW. Das Land Baden-Württemberg fördert das Leuchtturmprojekt mit 4,5 Millionen Euro.

Leitfaden für Power-to-Gas-Anlagen soll entstehen

Die Forscher und Ingenieure werden im Laufe des Projekts beide Anlagen unter die Lupe nehmen. In der kleineren Forschungsanlage kommen effizienz- und kostenoptimierte Elektrolyseblöcke bis zu 300 Kilowatt Leistung unter realen Bedingungen zum Einsatz. Die aus dem Betrieb der Megawatt-Anlage gewonnenen Daten sowie eine detaillierte Analyse aller wesentlichen Bauteile wie Elektrolyseblock, Verdichter und Gleichrichter sollen die Komponenten künftig weiter optimieren. Zu den Aktivitäten gehört auch die Erstellung eines Technologieleitfadens für Power-to-Gas-Anlagen. Dieser solle Verbesserungspotenziale aufzeigen für höhere Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Betrieb der anlagen. Thema sind außerdem Geschäftsmodelle für die Ausgestaltung zukünftiger Produkte und Dienstleistungen im Kontext Power-to-Gas.

Ökostrom in den Tank

„Mit dem Power-to-Gas-Verfahren wandeln wir Ökostrom in den abrufbaren, nahezu kohlendioxidneutralen Energieträger Wasserstoff um“, erklärt Dr. Michael Specht, Leiter des ZSW-Fachgebiets Regenerative Energieträger und Verfahren. „Am Standort Wyhlen können wir diese Technologie im Industriemaßstab optimal testen.“ Strom aus Wasserkraft wird stetig erzeugt, das ermöglicht einen dauerhaften Betrieb der Power-to-Gas-Anlage. Ein weiterer Vorteil sieht der Anbieter darin, dass Power-to-Gas dazu beitrage, die Teilnahme von Wasserkraftwerken am Regelenergiemarkt attraktiver zu machen. Der Betreiber lasse die Turbinen laufen und wandle den Strom in Wasserstoff um. Von den Ergebnissen sollen Energieversorger, Automobilhersteller und Unternehmen aus dem Maschinen-, Komponenten- und Anlagenbau profitieren. Mehrere Partner beteiligen sich an dem Vorhaben, darunter auch die Daimler-Tochter NuCellSys und die Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie Baden-Württemberg (e-mobil BW). Die bei der Erzeugung des Wasserstoffs anfallende Wärme könnte zukünftig in ein Wärmenetz eingespeist werden und ein geplantes Wohngebiet in der Nähe des Kraftwerks versorgen. Dadurch ließe sich der Nutzungsgrad des Verfahrens noch weiter steigern.

Was bedeutet das?

Auch wenn das Pendel im Moment zugunsten des batterieelektrischen Antriebs ausgeschlagen ist, die Chancen und Möglichkeiten des Wasserstoffs als schnell tankbares Speichermedium sollte man nicht vergessen. Power-to-Gas birgt gewaltige Potenziale, auch für die Elektromobilität. Vielleicht bringt die Zukunft ja kein "entweder-oder", sondern ein "sowohl-als-auch". Das Problem: Es braucht mehr dieser Leuchttürme, um die noch sehr teure und aufwändige Technologie skalierbar und rentabel zu machen. In Japan ist man da jedenfalls deutlich weiter, Toyota plant komplette wasserstoff-autarke Stadtteile. Trotzdem bleiben auch einige bekannte Nachteile des Energieträgers, der beileibe kein Allheilmittel ist. Aber eine clevere Ergänzung.

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