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Genf 2018: Audi geht mit Airbus in die Luft

Netter Zug: Audi-Tochter Italdesign lässt die Mutter mit an Bord des Flug-Taxi-Projekts Pop.Up Next, das zum Vorjahr weiterentwickelt und vor allem abgespeckt wurde.

Ernst gemeint: Das Fahr-Flug-Taxi von Italdesign und Airbus sehen die Macher im zukünftigen On-Demand-Geschäft als Alternative. | Foto: J. Reichel
Ernst gemeint: Das Fahr-Flug-Taxi von Italdesign und Airbus sehen die Macher im zukünftigen On-Demand-Geschäft als Alternative. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

Audi geht mit an Bord des Flug-Taxi-Projekts Pop.Up Next, das eigentlich von der kleinen Tochter Italdesign und Airbus initiiert worden war. Vielleicht wäre die große Mutter dann aber etwas blank dagestanden im Reigen visionärer Elektro-Studien und -Fahrzeuge rundherum. Schließlich hatte man nur einen getarnten Vorgeschmack auf den e-tron im Gepäck und den arg konventionell geratenen Audi A6. Also darf das visionäre Flug-Fahrzeug jetzt die vier Ringe im Grill tragen - obwohl Italdesing-Präsentator bei der Vorstellung am Stand der italienischen Design-Schmiede unter dem Audi-Dach keinen Zweifel daran ließ, wer das Copyright auf die Idee trägt, die 2017 erstmals auf dem Genfer Salon gezeigt wurde.

Trotzdem beeilte sich Italdesign-Chef Jörg Astalosch natürlich, der Mutter Audi genügend Platz einzuräumen: "Die enge Zusammenarbeit mit der Premium-Marke Audi untermauert, dass das Projekt ein Bannerträger für die zukünftige Mobilität werden könnte, basierend auf neuen Technologien wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Urbanisierung, alles Felder, auf denen Audi führend ist", vollzog der Manager einen verbalen Diener. "Wir sind stolz, gefragt worden zu sein, diese Idee als Audi zu zeigen, engineered by Italdesign", setzte Astalosch dann doch final einen Pflock. 

Im Vergleich zu der 2017er-Studie hat Airbus vor allem daran gearbeitet, den Verbrauch des Geräts im Flugmodus zu reduzieren, mithin das Gewicht abzuspecken und die Aerodynamik weiter zu verbessern. Bei ersterem half der Einsatz von Aluminium, etwa bei der Struktur der Sitze. Außerdem wurde ein Kupplungssystem eingeführt, mit dem sich der Rotor an das Fahrzeugdach mal automatisch ein- und ausklinken soll. Hier ist aber noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten, nichtsdestotrotz legen die Verantwortlichen von Airbus Wert auf die Tatsache, dass es sich um mehr als eine Spinnerei, sondern um ein technisch durchaus machbares Projekt handelt. Basis bildet eine superleichte und zugleich ultrastabile Titan-Struktur, die über drei Andockpunkte und ein zentrales Sicherheitsmodul verfügt. Das alles müsse der "technischen Dynamik" Rechnung tragen, die beim Andocken des Flugmoduls mit der "Fahrkapsel" entsteht, erklärt Italdesign etwas nebulös.
 

Im Inneren versuchte man, die kühle Audi-Designsprache mit den Ansprüchen von Airbus an ein "aircraft"-Design unter einen Hut, respektive Dach zu bekommen. Luftig sitzt man in jedem Fall auf den mit leichtem Mesh-Material bezogenen Stühlen. Vor einem erstreckt sich ein ultra-wide-screen, doch die Aussicht darüber hinaus durch die großzügige Glasfront dürfte etwaige Tendenzen, sich noch eine Netflix-Serie darauf anzusehen, im Keim ersticken. Kopf- und Beinfreiheit sind üppig zu nennen, hinter dem Gestühl des Zweisitzers bleibt eine Art Kofferraum. 

Die Antriebsbasis bildet eine modulare Elektro-Plattform, im ersten Schritt soll per Steer-by-Wire gelenkt werden, im nächsten Schritt ist dann eine komplette Phalanx aus Fahrerassistenzsystemen und Sensoren vorgesehen, die vollautonomes Fahren (ADAS) ermöglichen soll. Im Inneren sollen HMI-Technologien wie Eye-Tracking eine "natürliche Mensch-Maschine-Interaktion" ermöglichen, wie der Anbieter erklärt.

Zukunftmusik? Vielleicht, aber die Firmen haben schon mal ihre Zertifizierungsabteilungen in Gang gesetzt, um die Grundvorraussetzungen künftiger Regulierungen solcher Flug-Fahrzeuge abzuchecken.

Wem das alles zu abgehoben ist, der bekam von Italdesign gleich im Anschluss an die Luftnummer noch etwas äußerst geerdetes aus dem Mobilitätsbereich serviert: Als ein freundlicher wie stolzer Mitarbeiter die zehn Zylinder des 320-km/h Straßenrennwagens Zerouno Duerta Targo Top Version zu infernalisch lautem Leben erweckte, landete mancher Visionär ziemlich hart in der automobilen Realität. Applaus gab's trotzdem vom Messepublikum, auch wenn das nicht gerade zukunftsweisend sein mag.

Was bedeutet das?

Technisch ist es deutlich mehr als eine Luftnummer, die sich Italdesign und Airbus da vorgenommen haben. Auch wenn noch vieles regulatorisch und im Detail ungeklärt ist, was früher allenfalls in Science Fiction denkbar war, könnte in nicht allzuferner Zeit Realität werden. Die Frage ist in Anbetracht der sündteuren Drohnen-Technik allenfalls, wie hoch der Fahr- oder besser Flugpreis sein müsste, damit für einen Taxi-Betreiber ein Geschäftsmodell draus wird. Das leistet man sich allenfalls, wenn man's äußerst eilig hat - Hochzeit, Geburt etc. und der Verkehr am Boden mal wieder so hoffnungslos stockt, dass man in die Luft gehen könnte.

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