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EU-Beschluss: Schwere Lkw müssen bis 2030 ein Drittel sparsamer sein

Die Europäische Union hat sich auf neue CO2-Grenzwerte für schwere Lkw verständigt. Viel zu ambitioniert, findet VDA-Präsident Bernhard Mattes. Deutschland und Zentraleuropa blockierten ehrgeizigere Vorgaben. Daimler warnt, Volvo Trucks begrüßt die Regelung.

Zur Decke strecken: Die EU beschließt strengere Vorgaben für den CO2-Ausstoß von Lkw, deren Erreichbarkeit Daimler anzweifelt. Deutschland blockierte mit Zentraleuropa den Vorschlag. | Foto: Daimler
Zur Decke strecken: Die EU beschließt strengere Vorgaben für den CO2-Ausstoß von Lkw, deren Erreichbarkeit Daimler anzweifelt. Deutschland blockierte mit Zentraleuropa den Vorschlag. | Foto: Daimler
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Johannes Reichel

Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß schwerer Nutzfahrzeuge um 30 Prozent sinken. Auf diesen gemeinsamen Vorschlag haben sich Vertreter der EU-Kommission, des EU-Parlamentes und des europäischen Rates in den sogenannten Trilog-Verhandlungen geeinigt. Als erstes Zwischenziel ist angepeilt, dass der CO2-Ausstoß der Neuwagenflotte in der EU bis 2025 um 15 Prozent sinkt. Zudem sollen die Hersteller dafür Rechnung tragen, dass bis 2025 zwei Prozent der verkauften Neufahrzeuge bei Lkw über einen alternativen Antrieb mit Null- oder Niedrigemissionstechnik verfügen. Das Vergleichsjahr für alle Reduktionsziele ist das Jahr 2019. Damit die Vorgaben verbindlich in Kraft treten können, müssen Rat und Parlament den Beschlüssen noch final zustimmen.

Nach Ansicht von Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), schießen diese Vorgaben „über das Ziel hinaus“. Weder der technischen noch der wirtschaftlichen Realität des Nutzfahrzeugsegments würden sie Rechnung tragen, heißt es in einer Stellungnahme des Autolobbyisten.

„Die Regeln zur Anrechnung von besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen sind unzureichend. Die Anreize zur Einführung von Niedrig- und Nullemissionsfahrzeugen sind zu schwach ausgeprägt“, so Mattes.

Der VDA-Präsident moniert auch, dass der „Wechsel des Anreizsystems nach 2024“ die Komplexität und die Anforderungen nochmals verschärfe. Alternative Antriebe seien – anders als im Pkw-Segment – gerade für den schweren Langstreckenverkehr "noch nicht in der Breite marktfähig". Zudem verschiebe die Regulierung Anreize für die Nutzung strombasierter Kraftstoffe (E-Fuels) zu sehr in die Zukunft, befand der Chef-Lobbyist. Vor allem aber fehle es laut Mattes an einer europaweiten Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw. Die Betankungsinfrastruktur für alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff reiche ebenfalls nicht aus.

„Ohne eine solche Infrastruktur werden sich die festgelegten Vorgaben aber nicht erreichen lassen.“

Daimler bezweifelt Machbarkeit, Volvo sieht sich gut gerüstet

Auch der Mercedes-Benz-Lkw-Chef Stefan Buchner hatte Ende vergangenen Jahres vor zu strengen Vorgaben gewarnt und auf die Grenzen der CO2-Reduzierung beim dieselgetriebenen Lkw hingewiesen. Die EU-Vorgaben gingen weit über das technisch und wirtschaftlich Leistbare hinaus und setzten falsche Schwerpunkte, befand Buchner. Noch im Januar hatte er laut Handelsblatt in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU) um Unterstützung in Brüssel gebeten und vor den betriebswirtschaftlichen Folgen der Pläne gewarnt: „Gewinne könnten damit schon bei einer kleinen Zielverfehlung entfallen oder sogar in Verluste umschlagen“, heißt es laut Zeitung in dem Brief.

Demgegenüber meinte Volvo Trucks Präsident Roger Alm, die Senkung des Schadstoffausstoßes von Nutzfahrzeugen sei "eine ungeheuer wichtige Aufgabe". Dass die EU jetzt CO2 -Grenzwerte einführe, komme nicht überraschend, man wähnt sich für diese Herausforderung bestens gerüstet.

"Als flankierende Maßnahme würden wir stärkere finanzielle Anreize für diejenigen Kunden begrüßen, die mit gutem Beispiel vorangehen und sich für klimafreundlichere Fahrzeuge entscheiden”, meint der Manager.

Verbrauchsoptimierung schon lange auf der Agenda

Elektrisch angetriebene Lkw können laut Volvo einen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen leisten. 2018 hat der Hersteller seine ersten Lkw mit Elektroantrieb präsentiert, deren Serienproduktion dieses Jahr anlaufen soll, ebenso bei der Konzernschwester von Renault Trucks. Aus Sicht des schwedischen Lkw-Herstellers werden die Stückzahlen für E-Lkw steigen, wenn die Nachfrage angeregt und das Netz für die neuartige Ladeinfrastruktur ausgebaut werde, wie Lars Mårtensson, Direktor Umweltschutz und Innovation bei Volvo Trucks einschätzt. Als weitere klimafreundliche Lösungen führt er Erd- und Biogas ins Feld. So emittiere ein mit Erdgas betriebener Volvo FH LNG emittiert rund 20 Prozent weniger CO2 als ein vergleichbarer Diesel. Bei Verwendung von Biogas beträgt der Unterschied sogar 100 Prozent (Tank-to-Wheel”).

Allerdings verweist auch Volvo Trucks darauf, dass für die Nutzfahrzeugindustrie die Verbrauchsoptimierung "schon seit geraumer Zeit oben auf der Tagesordnung" stünde. Zudem kritisierte man, die EU fokussiere nur auf die Fahrzeugemissionen, während der schwedische Hersteller einen breiteren Ansatz wähle, etwa breiterer Zugang zu Biokraftstoffen, Schulungen für ökonomische Fahrweise, aerodynamische Auflieger/Anhänger, bessere Straßen und Fahrzeugen mit hoher Kapazität.

EU-Berichterstatter prangert deutsche Blockade an

Zustimmung kam dagegen von dem Grünen-Europaabgeordneten und Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Bas Eickhout. Er sieht die Einigung auf die Klimaschutzziele für Lkw als einen großen Erfolg.

„Die Verordnung geht über den ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission hinaus und wird dazu beitragen, die Verschmutzung auf unseren Straßen zu verringern und die Luftqualität zu verbessern“, erklärte der Niederländer.

Es sei allerdings beschämend, wie manche Regierungen immmer noch versuchten, die Interessen ihrer Industrie vor die Interessen der Bevölkerung zu stellen. Insbesondere Deutschland sowie mitteleuropäische Staaten hätten ambitioniertere Ziele blockiert. Nach seinem Dafürhalten würden sauberere Motoren eine sauberere Umwelt und zugleich zukunftssichere Jobs ermöglichen.

"Es ist an der Zeit, dass die Mitgliederstaaten die Bremse lösen von ihrer kurzsichtigen Unterstützung des Verbrennungsmotors und stattdessen die Entwicklung von grüneren Alternativen fördern", äußerte Eickhout. Am Ende werde auch die Industrie davon profitieren, meint der Grünen-Politiker. (ha/jr)

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