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Elektromobilität: Porsche und Audi proben den Schulterschluss

In ihrem ersten gemeinsamen Interview deuten Audi-Chef Rupert Stadler und Porsche-Vorstand Oliver Blume an, in welcher Weise die beiden Premium-Marken unter dem VW-Dach kooperieren wollen. E-Autos ab 2021 auf gleicher Plattform.

Lang her und doch noch aktuell: Der 2015 präsentierte Porsche Mission E könnte einer der ersten Vertreter auf gemeinsamer Plattform mit Audi werden. | Foto: Porsche
Lang her und doch noch aktuell: Der 2015 präsentierte Porsche Mission E könnte einer der ersten Vertreter auf gemeinsamer Plattform mit Audi werden. | Foto: Porsche
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Johannes Reichel

Audi-Chef Rupert Stadler und Porsche-Chef Oliver Blume haben ihre Absicht bekräftigt, künftig enger zusammenarbeiten zu wollen, insbesondere bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen. In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung sagte Stadler, man entwickle derzeit gemeinsam eine Elektroantriebsplattform, auf deren Basis ab 2021 Modelle beider Marken präsentiert werden sollen. Bei Audi betreffe diese Entwicklung zwei Modellreihen, bei Porsche eine, präzisierte Stadler. "Es geht darum, jetzt reichweitenstarke E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Das ist sowohl auf der Kosten- als auch auf der Leistungsseite eine enorme Herausforderung", begründete der Audi-Chef die engere Verzahnung. Zudem würden das Autonome Fahren sowie die Digitalisierung neue Herausforderungen stellen. 

Konkret arbeiten laut Blume zwei Entwicklerteams, eines in Ingolstadt und eines in Weissach an den jeweils zur Marke passenden Fahrzeugmodulen. Stadler taxiert die Entwicklungskosten auf einen niedrigen einstelligen Milliardenbetrag. Dieser wäre aus Sicht von Porsche-Chef Blume um ein Drittel höher, wenn jede Marke alleine entwickeln würde. Die ersten Ansätze beider Marken seien konzeptionell weit auseinander gelegen, diese Erkenntnisse führe man jetzt zusammen. Als erste Frucht der Kooperation bezögen beide Marken die Batterien von LG Chem aus deren eigens gegründeten Werk in Polen, führte Blume gegenüber der Zeitung weiter aus.

Porsche verdoppelt Investitionen in E-Mobilität

Porsche hatte erst vor kurzem eine Verdoppelung der Investitionen in die Elektromobilität bekannt gegeben: Mehr als sechs Milliarden Euro will der Sportwagenhersteller bis 2022 stecken, Plug-in-Hybride, die bisher bereits 60 Prozent der Panamera-Bestellungen ausmachten, und rein elektrische Fahrzeuge. In Zuffenhausen werden derzeit eine neue Lackiererei und eine eigene Montage errichtet sowie eine Förderbrücke für den Transport der lackierten Karosserien und Antriebseinheiten in die Endmontage. Das bestehende Motorenwerk wird für die Herstellung der Elektroantriebe ausgebaut, der Karosseriebau wird erweitert. Dazu kämen Investitionen im Entwicklungszentrum Weissach. Durch das Projekt "Mission E" entstünden rund 1200 neue Arbeitsplätze.

Audi will zwei Limousinen in Neckarsulm fertigen, zwei SUV in Ingolstadt. Bei Porsche ist laut Blume neben Zuffenhausen als Produktionsstandort Leipzig im Spiel, der Fokus liegt hier auf der Ausentwicklung des 2015 erstmals gezeigten "Mission E". Audi will zudem in China E-Fahrzeuge fertigen.

Stadler: Ökologische Werte in der Gesellschaft angekommen

Als Hemmnis für die Durchsetzung sehen beide Chefs die noch mangelhaft Ladeinfrastruktur. Das sei aber vor allem ein deutsches Problem, befand Porsche-Chef Blume. Hier bemühe man sich aber im Rahmen des Joint Ventures Ionity um eine flächendeckende Versorgung

Die Notwendigkeit zur Forcierung der Elektromobilität sehen beide Markenchefs im Hinblick auf die Einhaltung der CO2-Flottengrenzwerte, betonen aber auch eine gesellschaftliche Verantwortung. "Wir müssen akzeptieren, dass ökologische Werte im Zentrum der Gesellschaft angekommen sind. Eine Premiummarke hat die Verpflichtung, ein adäquates Angebot zu entwickeln", erklärte Stadler wörtlich. Auch Blume sieht Porsche gesellschaftlich in der Pflicht, Nachhaltigkeit sei ein wichtiges strategisches Ziel für die Marke und zwar über die "gesamte Wertschöpfungskette", womit Blume auf die geplante CO2-freie Produktion des "Mission E" anspielt. Gewinne seien im Übrigen kein Selbstzweck, sondern dienten auch dazu, "die Zukunft zu finanzieren und Verantwortung zu übernehmen", verkündete Blume.

Allerdings lehnen beide Markenchefs im Hinblick auf das für den 22. Februar erwartete Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig Fahrverbote in Städten ab. "Am effizientesten ist sicher, wenn wir den heutigen Fahrzeugpark schrittweise erneuern", befand Stadler, wenngleich das nicht in dem erwünschten Tempo erfolgen könne. Blume sprach sich für "ganzheitliche Lösungen" aus, wie sie der Hersteller derzeit mit Ludwigsburg und Stuttgart erprobe. 

Was bedeutet das?

Primär zeigen die beiden Autobosse in dem sicher nicht zufällig und ohne Absprache arrangierten ersten Doppelinterview Einsicht in die Notwendigkeit, dass in der aktuell brisanten Lage nicht die einst sorgsam gepflegte Rivalität, sondern nur Solidarität weiterhilft. Beide Marken müssen dringend handeln, wollen sie ihre derzeit noch eher mauen Flottengrenzwerte aufmöbeln, gerade auch Audi steht durch die staatsanwaltlichen Ermittlungen im Diesel-Skandal massiv unter Druck. Die Ziele zu erreichen, das geht im Premiumsegment nur über die Elektromobilität. Dass sie diese alternativlose Strategie mit gesellschaftlicher Verantwortung verbrämen, wirkt ein wenig scheinheilig, zeugt aber ebenfalls von einer gewissen Reue. Und davon, dass man die Zeichen der Zeit erkannt hat, in Zuffenhausen wie in Ingolstadt. Zeit wird's!

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