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CES 2019: Rinspeed „Snap“ will Mobilität für Mensch und Material revolutionieren

Mit dem „microSNAP“ will der schweizer Mobilitätsvisionär Personen- und Frachtverkehr in der Stadt revolutionieren. Und diesmal soll aus der technisch detailliert ausgearbeiteten Studie tatsächlich Wirklichkeit werden - in einem eigenen Start-up.

Wandelbar: Der Snap greift die Idee von der Plattform mit Wechselcontainern auf und interpretiert sie neu. | Foto: Rinspeed
Wandelbar: Der Snap greift die Idee von der Plattform mit Wechselcontainern auf und interpretiert sie neu. | Foto: Rinspeed
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Johannes Reichel

Der schweizer Mobilitätsvisionär Rinspeed wartet zur CES mit einer weiterentwickelten Variante eines Plattform-Konzepts auf. Mit dem „Snap“, vorgestellt Anfang 2018 auf der CES in Las Vegas, zeigte die Schweizer Ideenschmiede Rinspeed erstmals ein Fahrzeug, bei dem Fahrwerk („Skateboards“) und Aufbauten („Pods“) jederzeit austauschbar sind. Der nächste Schritt erfolgt jetzt unter dem Motto „Think mighty micro!“ mit einem 2,62 Meter langen, 1,33 Meter schmalen und 1,70 Meter hohen Plattformgefährt, das von einem 48-Volt-Mahle-Drehstrom-Asynchronmotor mit 13 kW an der Hinterachse angetrieben wird und zudem autonom agiert. Firmenchef Frank M. Rinderknecht hat den „Snap“ zum „microSNAP“ mit der Größe eines Renault Twizy geschrumpft. Wie beim Twizy sorgt ein 6,1 kWh großer Lithium-Ionen-Akku für die Energie und soll Reichweiten bis 95 Kilometer ermöglichen. Das Höchsttempo beträgt 75 km/h, das Gewicht des Gesamtfahrzeugs etwa 730 Kilogramm, zwei Personen sitzten dabei nebeneinander vor einem großflächigen Displaycockpit.

Zum ersten Mal demonstriert man zudem mit einer vollautomatisierten Roboterstation, die Fahrgestell aus Stahl und Aufbauten aus Kompositmaterial selbstständig zusammenfügt und trennt. Fachleute bezeichnen diesen Schritt in der Automobilproduktion, bei dem das Chassis und die Karosserie zusammengefügt werden, als die Hochzeit, nur findet diese bei neuen Rinspeed-Konzept nicht auf Dauer statt.

Ist die Zeit der großen Lieferwagen ist vorbei?

Für den eidgenössischen Autovisionär ist die Zeit der großen Lieferwagen, die Kunden wie Perlen auf einer Schnur nacheinander über den Tag bedienen, vorbei. Weil der Onlinehandel boomt und auch den Fresh-Food-Bereich inzwischen einbezieht, glaubt der Schweizer an kleine autonome Fahrzeuge, die ausschwärmen und ohne Umwege ihr Gut ‚just in time’ zum Kunden bringen. Schneller und einfacher geht es nicht - sogar gekühlt oder gewärmt. Zu seiner Vision gehören aber auch zweisitzige „Robo-Units“, die ihre Passagiere komfortabel und effizient auf dem kürzesten Weg ans Ziel bringen. Rinderknecht ist sich sicher:

„Kunden wollen mehr und mehr zeitnah beliefert werden und viele Passagiere keine Sammeltaxis, die systembedingt zeitintensive Umwege fahren müssen“, glaubt Rinderknecht.

Inzwischen ist ein Start-Up geplant und Gespräche mit Investoren sind am Laufen, um den „Snap“ auf die Straße zu bringen. Die Grundidee bleibt: Während die Aufbauten so lange halten wie ein Auto heute, enthält das Fahrwerk alle verschleiß- und alterungsanfälligen Komponenten wie die IT-Technik für das automatisierte Fahren. „Skateboards“ (Fahrwerke) und „Pods“ (Aufbauten) sind nur Kurzzeitpartner. So nutzen vielfältige Aufbauten die gerade verfügbaren „Skateboards“. Nach wenigen Jahren werden diese recycelt, weil die Grenze ihrer Betriebsdauer erreicht ist. Sie entgehen damit elegant einem teuren und komplizierten Hardware-Update.
 

Robotik von Kuka wechselt den Container

Das Robotik-System und der automatisierte Ladehilfe-Assistent stammt vom Spezialisten Kuka aus Augsburg. Die gesamte Beleuchtungstechnik inklusive digitalem Kennzeichen und einer Mikro-Pixel-LED, die blendfreies Fernlicht ermöglicht, kommt von Osram. Die Außenbeleuchtung kommuniziert mit anderen Verkehrsteilnehmern. Die Innenraumbeleuchtung wird mit Hilfe von Health-Tracking-Funktionen an die persönliche Stimmung des Fahrers angepasst. Bei den Scheinwerfern des „microSNAP“s setzt Rinspeed auf modernste LED-Technik sowie auf die innovativen Produktlösungen von Prettl Lighting & Interior aus Pfullingen. Für den Vortrieb im „microSNAP“ sorgt ein 48-Volt Traktionsmotor des international führenden Entwicklungspartners und Zulieferers Mahle, dessen Gesamtsystemlösungen über alle Antriebsarten hinweg die Mobilität von heute und morgen prägen.

Autonome Fahrtechnik von Harman

Die Verbindung zur Harman Ignite Cloud Plattform via 5G Telematics sorgt dank High-Speed und kurzer Latenz für den effizienten Betrieb des autonom fahrenden „microSNAP“. Zahlreiche weitere Connected-Car-Technologien von Harman - darunter Sensor Fusion, die Harman Shield Automotive Cybersecurity Suite und Over-the-Air-Updates (OTA) ermöglichen noch Vieles mehr. Mittels mehrstufiger Authentifizierung und Instant Personalization empfängt der „microSNAP“ jeden Nutzer so, als säße er in seinem eigenen Fahrzeug. Die Bedienung während der Fahrt erfolgt durch natürliche Spracheingabe, wobei die Passagiere den ihnen vertrauten Sprachassistenten nutzen können, sei es Bixby, Alexa, Cortana oder Siri. Das intelligente digitale Cockpit kann sich automatisch an den jeweiligen Passagier anpassen – im Falle des kompakten „microSNAP“ sorgt ein die gesamte Fahrzeugbreite einnehmendes, gecurvtes 49-Zoll LED-Display für die visuelle Interaktion.

Ein Sensorik-Monster: Das Umfeld im Scanner-Blick

Luxoft steuert Kompetenzen in der Entwicklung von Umfeld-Modellen und Software-Plattformen für hochautomatisiertes Fahren bei. Als globaler Software Entwicklungspartner unterstützt das Unternehmen Level 2-5 Projekte. Das US-Unternehmen Gentex steuert wiederum den Iris-Scanner zur Insassenerkennung, die Innenraumkamera und dimmbare Scheibenelemente in den Türen bei, wie sie auch im Boeing Dreamliner zu finden sind. Ibeo Automotive Systems, der weltweite Technologieführer für Laserscanner-Sensoren im Automotive-Bereich, stellt mit seiner Sensorik sicher, dass Hindernisse und Personen auf der Straße frühzeitig und genau erkannt werden. Die intelligente Antenne von NXP sorgt für die sichere Vernetzung mit der Außenwelt für Software-Updates, Car-2-X-Kommunikation und Infotainment. Die ‘BlueBox‘ ist die Denkzentrale fürs automatisierte Fahren, die ‘GreenBox‘ stellt die Energieeffizienz sicher.

Ehrensache für Rinspeed: Drive by Wire-System

Auch nicht alltäglich: Der „microSNAP“ fährt mit dem Drive-by-Wire-System ‘joysteer‘ der Schweizer Firma Bozzio. Dabei garantieren redundante Lenkungs- und Bremssysteme für höchste Sicherheit. Der gelangt über das Schnelllade-Kabel mit Hochvolt-Technologie der Firma Harting aus dem ostwestfälischen Espelkamp ins Fahrzeugnetz. Apropos Energieversorgung: Der Esslinger Thermomanagement-Spezialist Eberspächer steuert mit seiner Klima-Hardware im „People-Pod“ die Temperatur im Innenraum und stellt für den „Cargo-Pod“ die passenden Container mit leistungsstarken Heiz- und Kühlaggregaten zur Verfügung - in beiden Fällen mit integrierten Konnektivitätslösungen und jeweils autarker Stromversorgung.

Was bedeutet das?

Auch Rinspeed liefert ein Beispiel, wie ein flexibles, emissionsfreies, autonomes und platzfahrendes Stadtgefährt aussehen kann. In eine ähnliche Richtung dachte ja auch schon Daimler mit dem Vision Urbanetic und zuletzt Renault mit dem EZ PRO, der sich allerdings auf gewerbliche Anwendungen spezialisiert. Und diesmal, verspricht der Visionär, soll es nicht bei einer Studie bleiben. Wir sind gespannt. Das technische Line-Up, das seriöse Partner quer durch alle Felder auflistet, gäbe eine mittelfristige Umsetzung durchaus her. Nur: Warum noch ein so raumraubendes Cockpit vorn - und nicht gleich einen Viersitzer. Dann wäre das coole City-Gefährt noch effizienter.

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