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CAR-Symposium Bochum: Vom Fahrer zum Passagier - braucht es den Daten-NCAP?

Beim Thementag auf dem G Data-Campus in Bochum werden Fragen der Datensicherheit in Zeiten des automatisierten Fahrens diskutiert. Und ob die großen Digitalkonzerne künftig die Autohersteller zu Hardwarelieferanten degradieren.

Ganz schön smart: Der IT-Sicherheitsspezialist G Data stellte seinen Campus für den Thementag zum CAR-Symposium zur Verfügung. Und jeden Tag seinen Mitarbeitern den E-Wagen. | Foto: J. Reichel
Ganz schön smart: Der IT-Sicherheitsspezialist G Data stellte seinen Campus für den Thementag zum CAR-Symposium zur Verfügung. Und jeden Tag seinen Mitarbeitern den E-Wagen. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

"Hacker übernehmen das Steuer in einem Jeep" - natürlich setzte der "worst case" den Rahmen für den einleitenden Thementag zum diesjährigen CAR-Symposium in Bochum, das passenderweise im stylish renovierten Campus des IT-Sicherheitsspezialisten G Data stattfand. Im Juli 2015 hatte ein Hackerteam sich über eine Lücke im Infotainmentsystem eines Chrysler Jeep Cherokee bemächtigt. Glücklicherweise waren die beiden IT-Experten nicht in böser Absicht, sondern wollten beweisen, dass die Autoindustrie viel zu wenig tut, um die Datensicherheit an Bord zu gewähren. Virulent wird das Thema natürlich erst recht mit der zunehmenden Automatisierung. "Software ist nie fehlerfrei", mahnte Tilmann Frosch, Geschäftsführer der G Data Advanced Analytics. Im Durchschnitt liefen 100 Millionen Codezeilen durch die Bordrechner in einem Fahrzeug, bei Windows 10 seien es etwa die Hälfte. Genau dieses Betriebssystem habe seit dem Start fünf große Updates erhalten, erinnerte Frosch. Er verband seine Aussagen aber mit der Hoffnung, dass die Software in Autos besser sei als beim Computer. "Klar, Datensicherheit ist nicht sehr greifbar, sie ist nicht Teil der Herstellerkommunikation wie andere Sicherheitsfeatures, die für viel Geld angepriesen und verkauft werden", skizzierte Frosch. Er stellte die Frage in den Raum: "Brauchen wir nicht einen NCAP für Software im Fahrzeug? Und wie könnte so ein Datencrashtest aussehen?"

Datensicherheit im Fahrzeug ist kein "schickes Extra"

Das Problem ist, dass für ein Fahrzeug mit mehr Datensicherheit niemand bezahlen würde. Man kann das nicht sehen und es ist schwer zu verstehen", unterstrich auch Prof. Dr. Torben Weis, Fachgebietsleiter Verteilte Systeme von der Fakultät für Ingenieurwissenschaften von der Uni Duisburg-Essen. Im Zweifel kaufe der Kunde am Ende ohnehin nur "gefühlte Sicherheit", der Nutzer könne keine "informierte Entscheidung" treffen. Man brauche einen weltweit gültigen "Vertrauensschlüssel. Das sei umso dringlicher, als der Trend in Richtung autonomes Fahren das Datenaufkommen weiter erhöhe. "Und wer verdient denn Geld an all den schönen Mobilitätsdienstleistungen der Zukunft", fragte der Wissenschaftler rhetorisch. Die Kommunikation laufe künftig weitgehend an den Autoherstellern vorbei - zumindest sei das die Gefahr.

Hersteller als Hardwarelieferanten?

"Werden die OEMs zu bloßen Hardwarelieferanten der Digital- und Datenkonzerne", fragte denn auch der Berater Dr. Martin Saternus den Daimler-Mann Christoph Färber, zuständig für Strategic Future Projects bei dem Autokonzern. Ihm sei bewusst, dass die Silicon-Valley-Konzerne unbedingt an Bord des Fahrzeugs gelangen wollten und dies am besten mit autonomen Fahrzeugen gelinge, entgegnete der Daimler-New-Mobility-Mann. "Dadurch verlören wir aber den Kontakt zu unseren Kunden, das kann nicht unser Interesse sein", erklärte er weiter. Färber sieht die Gefahr, dass am Ende nur noch ein oder zwei Konzerne über die Mobilitätsabwicklung für ein Gebiet bestimmten. Allerdings konstatiert er auch in der Autoindustrie einen rasanten Wandel in der Kultur, "Ansätze zur Beschleunigung der Transformation der Mobilität", wie auch der Titel des Vortrags lautete. "Wir öffnen uns für andere Denk- und Arbeitsweisen und müssen unter Umständen nicht mehr alles selbst machen, was andere besser können", erklärte er.  

Alleine geht es nicht: Kollaboration mit Transparenz

Man strebe eine Kollaboration mit anderen Mobilitätsanbietern an, die allerdings nach transparenten und offenen Standards erfolge, mit der man die großen "Aggregatoren" auch in die Schranken weise. "Wieso soll ein Uber 21 Prozent an der Wertschöpfungskette kassieren und wir gehen dabei fast leer aus. Die Vergütung muss nach dem individuellen Wertbeitrag erfolgen", forderte Färber. Zudem sieht er eine Chance in der "intuitiveren", selbstverständlicheren Zusammenarbeit sowohl mit direkten Wettbewerbern, aber auch mit ÖPNV oder Fluggesellschaften, die jeweils in ihren Bereichen oft "proprietäre Strukturen" beschützten. Aber, so Färbers Resümee: "Einer alleine wird diese Transformation nicht stemmen", ist der Daimler-Fachmann sicher.

 

 

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